Mit dem Zug über die alte Furka-Bergstrecke von Realp nach Oberwald und mit dem Bike zurück.
Mit der Eröffnung des Furka-Basistunnels von Realp nach Oberwald wurde die Zahnrad-Bahnstrecke über den Furkapass stillgelegt. Diese Strecke war und ist aufgrund der Geografie nicht winterfest und konnte nur von ca. Juni bis Oktober befahren werden. Beschädigungen durch Lawinenabgänge erforderten in jeder Saison teure Reparaturen vor der Wiedereröffnung. Landschaftlich war die Strecke aber einer der Höhepunkte des Glacierexpress von St. Moritz nach Zermatt.
Bald darauf gründete sich der Verein „Dampfbahn Furka-Berstrecke“, der die Strecke mithilfe von Freiwilligen wieder betriebsfähig machte. Von 1992 bis 2012 wurde die Strecke abschnittsweise wiedereröffnet. Seitdem finden in der Sommersaison Dampfzugfahrten statt. Seit einigen Jahren gibt es am Wochenende zusätzlich einen dieselbespannten Zug, der auch Fahrräder befördert.
Im Jahr der Covid-Pandemie haben viele Betriebe sich etwas einfallen lassen, um den Tourismus wieder anzukurbeln. Auf der Tourismus-Seite von Andermatt entdecke ich ein Hotel, das bei einer Buchung von 3 Nächten den Nutzung aller sieben Seilbahnen am Ort einschließt (die ich nicht benutzt habe). Zu meiner großen Überraschung stellt sich vor Ort heraus, dass auch die Fahrt mit dem Dieselzug über die Furka-Bergstrecke kostenlos ist. Das Wetter zeigt sich von seiner besten Seite – also geht es gleich am ersten Tag los!
Mit dem Zug über den Pass
Von Andermatt nach Realp fährt man im Talboden 9 Kilometer eine knappe halbe Stunde. Dort steht schon der Zug mit der Diesellok und vier Wagen zur Abfahrt bereit. Zu meiner großen Freude ist der letzte Wagen ein offener, fensterloser Wagen – ideal zum Rausgucken und Fotografieren, noch dazu wo nur drei andere Mitreisende in diesem Wagen fahren. Es geht mit 11% Steigung bergauf und nach 35 Minuten ist der Haltepunkt Furka vor dem Portal des Scheiteltunnels erreicht. Nach einem Aufenthalt und kurzer Fahrt durch den Tunnel geht’s auf der anderen Seite wieder bergab nach Gletsch, dem Ort, an dem sich Furka- und Grimselpass-Straße treffen. Noch ein Stück weiter und nach 90 Minuten kommt der Zug in Oberwald an.
Dort wartet schon ein Dampfzug, der kurz darauf die Fahrt bergauf antritt. Gleich hinterher fährt die Diesellok mit einem Feuerlöschwagen und Mitgliedern der freiweilligen Feuerwehr um den Zug durch den baumbestandenen Abschnitt bis nach Gletsch zu begleiten. Ein paar Fotos gemacht und meine Rückfahrt mit dem E-Bike kann beginnen.
Mit dem E-Bike zurück
Es ist Wochenende, schönes Wetter und viel Verkehr. Der erste Abschnitt von Oberwald nach Gletsch ist deshalb etwas anstrengend, weil immer wieder lange Kfz-Kolonnen unterwegs sind. Der Dampfzug fährt bergauf 25 Minuten – da bin ich mit 32 Minuten doch nicht schlecht – und das bei ein paar Fotostopps.
In Gletsch gibt eine Tourist-Info und einen Rastplatz mit einem Brunnen, wo man die Wasserflasche auffüllen kann. Außerdem das Hotel Glacier du Rhone, dessen Restaurant mir bei einer späteren Tour noch nützlich sein wird.
In Gletsch teilt sich die Straße in Furka- und Grimselpass. Da viele auf den Grimsel abbiegen, ist nun etwas weniger, aber immer noch genug Verkehr. In einer langgezogenen Geraden geht es entlang des Rhonetals, immer links im Blick der traurige Anblick des Reliefs des Rhonegletschers, dessen Zuge sich nun schon hinter den Horizont zurückgezogen hat.
Von den Serpentinen der Furkapass-Straße hat man einen guten Blick auf das Portal des Furka-Bahntunnels. Kurz davor, am Muttbach, befindet sich die Station Muttbach-Belvédère. Ein Karrenweg führt von dort zum (nicht mehr bewirtschafteten) Hotel Belvédère. Man kann sich gut vorstellen, wie in den Jahren nach der Eröffnung der Bahnstrecke 1925 Hotelgäste über diesen Weg mit Pferdefuhrwerken abgeholt wurden oder mit dem Postauto von Gletsch anreisten. In den „goldenen Zwanzigerjahren“ reiste eine großstädtische Elite oft zu wochenlangen Aufenthalten in die „Sommerfrische“ am Meer oder im Gebirge. Heute ist die Besichtigung des Rhonegletschers oder dessen, was davon noch übrig ist, nur ein kurzer Zwischenstopp, bei dem man bestenfalls etwas isst oder nur einen Kaffee trinkt. Für ein Hotel ist das keine Existenzgrundlage.
Zwei Kehren und drei Kilomenter weiter folgt ein Aussichtsparkplatz und der letzte Blick ins Rhonetal. Ein Fotorahmen „Grand Tour of Switzerland“ ist für alle Instagramer ein Muss (siehe Bilder). Ein paar Meter weiter kreuzt man die Passhöhe. Auf der anderen Seite befindet sich das ebenfalls aufgelassene Hotel Furkablick. Erstaunlicherweise machen hier viele Kfz- und Motorradfahrer kehrt, wahrscheinlich, um auch noch die Grimselpass-Straße zu befahren.
Der Abschnitt Furka-Realp der Furkapass-Straße ist auch nicht so gut und breit ausgebaut. Zur Talseite gibt es kaum Leitplanken und Begegnungen mit Reisebussen können sich für den entgegenkommenden Verkehr schwierig gestalten. Mit kommt das zugute, da der Verkehr weiter abnimmt. Die Straße war übrigens auch Schauplatz im James-Bond-Film „Goldfinger“ und heißt deshalb auch „James-Bond-Straße“. Die Talfahrt vom Furkapass (2400 m) nach Realp (1550 m) dauert etwa eine halbe Stunde.
Ich mache jedoch noch ein Abstecher zur legendären Steffenbach-Brücke der Furka-Bahn. Diese Klappbrücke wird jeden Winter abgebaut und im Frühjahr wieder aufgebaut, weil über die Rinne des Steffenbachs Lawinen abgehen, die eine feste Brücke zum Einsturz bringen würden. Die Brücke liegt in einem tief eingeschnittenen, recht unzugänglichen Tal. Das Foto erfordert etwas Kletterei über einen steilen Hang und Warten auf dem Dampfzug, der pünktlich um 16 Uhr vorbeikommt. Damit ist für diesen Tag „alles gemacht“ und es geht wieder zurück ins Hotel nach Andermatt.
- Oberwald – Realp
- Datum: 18. Juli 2020
- Entfernung: 43 km
- Fahrzeit: 5:00, 6:30 inkl. Pausen
- Anstieg: 1100 hm
Karte